Buchtipp: Köln für Fortgeschrittene
Wer verstehen will, wie Köln tickt, der muss an einem Samstagnachmittag ins Stadion nach Müngersdorf pilgern, wenn der FC spielt. Und obwohl die Fußballer wieder ganz ansehnlich kicken und Erfolg haben, sind für jeden eingefleischten Fan die 30 öffentlichen Gesangsminuten vor dem Anpfiff schöner als Sex, sechs lecker Kölsch (Bier!!) und der Dom zusammen. Begrüßt werden die Massen vom Stadionsprecher mit „Willkommen in der schönsten Stadt der Welt…“ – und wissen Sie was: 49.000 von 50.000 Zuschauern glauben das!
Der kleine Trupp der Nichtgläubigen kommt aus Mönchengladbach, Leverkusen oder gar vom Zweitligisten aus Düsseldorf. Der Rest feiert alle 14 Tage wieder im Rhein-Energie-Stadion eine rauschende rot-weiße Party. Mit und ohne Fußball. Und wie so oft in der Domstadt am Rhein: Karneval lässt grüßen. 365 Tage im Jahr.
Natürlich: Köln hat seine Schokoladenseiten. Hier lässt es sich prima leben, lieben, feiern, arbeiten (muss sein!), trinken (um das böse „saufen“ zu vermeiden) – in Kölle ist man gerne Mensch. Nur: klassisch schön ist anders. Das weiß auch der Stadionsprecher. Aber darum geht es ja auch gar nicht. Wer vom östlichen Vorort Köln-Dellbrück nach, sagen wir, Sülz oder Nippes oder in die Südstadt will, ist angesichts der Dauerstaus in und um Köln herum gut und gerne 90 Minuten unterwegs. Ungefähr genauso lange braucht er mit dem Flieger nach Venedig, Prag, Breslau, Berlin, München – und das sind nun wirklich schöne Städte. Die meisten Kölner waren aber noch nie da: Wat sull isch do? My Home is where the Dom is…
Der Kölner an sich ergötzt sich liebend gern an sich selbst, an seiner Stadt, an und in seinen Kneipen, am Klüngel, am Karneval, am Kölsch, das ein wahnsinniges Multitalent ist: Kölsch wird gesprochen, gelacht, gesungen, gesprochen, getrunken. Aber: Köln macht Spaß, seine Toleranz, seine Veedel – seine Menschen. Ohne seine Kölner wäre Köln ärmer als ne Kirchenmaus.
Das sieht auch Lästermaul Robert Griess so. Der Immi aus Bonn, der sein Geld mit Kabarett, Artikeln und Büchern verdient, hat in seinem jüngsten Werk den Kölschen aufs Maul geschaut und nimmt sie heftig auf die verbale Schippe. Sein „Satirisches Handgepäck“ ist für die kölsche Seele schwerer Tobak, aber getreu dem Motto „Man muss och jönne könne“ muss man als Kölner da durch. Zumal Griess ja Recht hat, meistens zumindest. Und in der Übertreibung liegt bekanntlich die Anschaulichkeit. Also: Drink doch ene met …
Alexander Richter
Buchinfos
Robert Griess: Köln
Satirisches Handgepäck
Michael-Müller-Verlag
176 Seiten, 12,90 Euro
ISBN: 9783956544071
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