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Köln im Mittelalter: Die Unbezwingbare

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Köln im Mittelalter: Die Unbezwingbare

„Erstes deutsches Rathaus plus erstes deutsches Stadtsiegel“ schlägt „Sammlung alter Knochen“ – oder doch nicht?

Im Mittelalter verdiente sich die wohlhabende Kirchen- und Handelsmetropole Köln eine goldene Nase. Die größte Stadt des Reiches war gleichzeitig eine der bedeutendsten Europas und platzte schier vor Selbstbewusstsein. Doch der anhaltende Kleinkrieg zwischen Bürgern und Bischöfen um die Vorherrschaft trübte den Genuss entschieden. Und die hygienischen Verhältnisse waren auch nicht mehr so wie zu römischen Zeiten.

Nach seinem Bruder, Kaiser Otto dem Großen, war Erzbischof Bruno (953–965) der zweitmächtigste Mann des Reiches. Für die Stadt Köln beschaffte er zahlreiche Reliquien und gründete oder erweiterte Kirchen und Klöster. Pilger strömten in die Stadt, ebenso Geistliche und Künstler – und mit ihnen Geld und Wissen, Kunsthandwerk und Unternehmungsgeist.

Um 950 wurde das Stadtgebiet zum Fluss hin durch das Aufschütten eines versumpften Rheinarms erweitert. Und Köln öffnete sich noch mehr dem Handel. Langsam entstand das Bürgertum: Eine kleine, zunächst wenig einflussreiche Schicht, die mit Handel und finanziellen Transaktionen Geld verdiente. Anders als den Adeligen und der Kirche ging es ihnen nicht um Kriege, Ruhm oder universelle Ansprüche. Das Bürgertum bezog seine Einkünfte nicht mehr aus Grundbesitz, Stiftungen oder Steuereinnahmen, sondern aus den Erträgen von Handel und Handwerk. Die freie Stadt wollte als „Handelsrepublik“ vor allem durch ihr Kapital und ihre Märkte Macht ausüben. Bald sollten die unterschiedlichen Meinungen der Kölner Bürger und des Erzbischofs aufeinanderprallen.

Die Kölner und der Klerus
Zunächst dominierten noch die hohen Geistlichen wie Pilgrim (1021–1036) oder Anno II. (1056–1075) die Stadt in allen Belangen. Sie ließen weiterhin neue Kirchen errichten. Doch schon unter Anno kam es 1074 zum ersten Bürgeraufstand, nachdem dieser ein Kaufmannsschiff für sich hatte beschlagnahmen lassen. Anno floh aus dem Palast, kehrte mit einem Heer zurück und schlug den Aufstand nieder. Die wichtigsten Anführer ließ er blenden.

Es folgte eine turbulente Zeit. Im Zuge der rheinischen Kreuzfahrerpogrome wurde 1096 auch das Kölner Judenviertel angegriffen. Wenig später wurde die Stadt in die Auseinandersetzung zwischen Kaiser Heinrich IV. und seinem Sohn Heinrich V. hineingezogen, in der pikanterweise der Sohn vom Kölner Erzbischof (Friedrich I., 1100–1131), der Vater aber von der Stadt unterstützt wurde. Erst acht Jahre nach dem Tod Heinrichs IV. unterwarf sich die Stadt seinem Sohn und Nachfolger und zahlte eine Buße. Köln zu erobern, war bereits unmöglich: Die Mauern waren verstärkt und die Stadt zu einer gewaltigen Festung ausgebaut worden.

Machtkampf auf Kölsch
Die Kölner Bürger, die oft geschickt den Kaiser gegen ihren Oberhirten – immerhin den mächtigsten Geistlichen des Reiches – ausgespielt hatten, machten weiter von sich reden. Um 1130 ließen sich die reichen Patrizier ihr eigenes Rathaus errichten, das erste in Deutschland. Und Köln zeigte nun auch stolz sein Stadtsiegel, ebenfalls ein deutsches Novum.

Der Kölner Erzbischof, ein enger Gefolgsmann Friedrich Barbarossas, ergriff 1164 die Initiative: Er raubte die Reliquien der Heiligen Drei Könige und brachte sie von Mailand an den Rhein. Ein nicht enden wollender Pilgerstrom ließ nun Kölns Stern weiter steigen, und die Kaiser legitimierten über die Reliquien ihren universellen Herrschaftsanspruch.

Doch auch die Kölner Bürger blieben aktiv: Handelskontakte wurden geknüpft und Handelsniederlassungen errichtet. Köln gehörte zum Bund der Hansestädte, und ab 1157 ist eine kölsche Guildhall in London überliefert. 1179 legte man sich dann eine neue Stadtmauer zu, die ein erheblich größeres Gebiet schützte. Mit ca. 40.000 Einwohnern war Köln nun die größte Stadt im Reich. Das Festungswerk war so gewaltig, dass Köln im Mittelalter kein einziges Mal erobert werden konnte. Nach dem Streit Philipps von Schwaben mit Otto IV. um die Kaiserkrone bestätigte der siegreiche Philipp 1207 die Eigenständigkeit der Stadt – auch er hatte sie nicht einnehmen können.

Das Ende der Rangeleien
Die kämpferischen Bischöfe des 13. Jahrhunderts bäumten sich ein letztes Mal gegen die wachsende Macht der Patrizier auf. Erzbischof Engelbert I. wurde 1225 ermordet. Konrad von Hochstaden (Erzbischof von 1238 bis 1261) war um 1245 fraglos der mächtigste Fürst im Reich. Später geriet er in schwere Konflikte, die von dem angesehenen Gelehrten Albertus Magnus im Kleinen (1252) und im Großen Schied (1258) beendet wurden. Im Großen Schied sprach er dem Erzbischof zwar die höchste geistliche und weltliche Macht, der Stadt aber eine gewisse eigene Gerichtsbarkeit zu. Doch bereits ein Jahr später gelang es Konrad, die Macht der Bürger zu brechen, indem er die Schöffen (Richter) aus dem Patriziat durch Schöffen aus der Handwerkerschaft ersetzte. So spielte er die Zünfte gegen die Patrizier aus und erlangte erneut die Stadtherrschaft. Einen Patrizieraufstand 1260 schlug er brutal nieder. Auch seine beiden Nachfolger stritten sich mit den Patriziern. Endgültig entschieden wurde der Kampf zwischen Bischof und Bürgern schließlich in der Schlacht von Worringen am 5. Juni 1288. Mit Unterstützung des Herzogs von Brabant gingen die Patrizier siegreich hervor. Der Erzbischof verlor die Macht über die Stadt, blieb jedoch das Oberhaupt des Erzbistums Köln.

1259 hatte Konrad von Hochstaden der Stadt das Stapelrecht erteilt. Jeder auswärtige Kaufmann, der seine Waren über den Rhein transportierte, musste diese nun für eine festgelegte Zeit in Köln zum Verkauf anbieten. Zum Stapelrecht gehörte auch eine Qualitätsprüfung: Stellten die Kölner Mängel fest, durften sie die Waren verbrennen oder in den Rhein kippen. Dies verschaffte der Stadt erhebliche Vorteile.

In der turbulenten Zeit des 12. und 13. Jahrhunderts erlebte Köln seine höchste kulturelle Blüte: Der Kranz der großen romanischen Kirchen wurde vollendet, und am 15. August 1248 legte Konrad von Hochstaden den Grundstein für den neuen, unbegrenztes Selbstbewusstsein signalisierenden Dom.

Die Domstadt: Geld und Gelehrsamkeit
Von 1248 bis 1280 lebte der große Gelehrte Albertus Magnus überwiegend in Köln. Albert (1193–1280), der Sohn des schwäbischen Grafen von Bollstedt, war dem Dominikanerorden beigetreten und machte Köln später zu einem Zentrum mittelalterlicher Gelehrsamkeit. Sein bedeutendster Schüler war Thomas von Aquin. Ab 1260 absolvierten auch die Franziskaner ihr Generalstudium in Köln. Und Johannes Duns Scotus verbrachte 1306/07 sein letztes Lebensjahr hier.

Die Stadt entwickelte sich beachtlich. Ihr eigentliches Gebiet lag innerhalb der alten Mauern (die heutigen Ringe), am anderen Rheinufer gab es nur den Stadtteil Deutz. Doch selbst innerhalb dieser Mauern war die Stadt nicht überall dicht besiedelt. Noch bis ins 17. Jahrhundert befanden sich hier sogar Weinberge. Gut ausgebaute Fernstraßen und der Rhein verbanden Köln als Verkehrsadern mit fast allen wichtigen Städten im „Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation“ und dessen Nachbarn. Die Verbindungen nach Frankreich, Flandern und England waren traditionell gut, und über die Hanse und private Beziehungen gab es sogar Kontakte nach Polen und zum Baltikum.

Die reichen Bürger lebten in prächtigen Patrizierpalästen. Unter den in Gilden zusammengeschlossenen Handwerkern übten die reichsten und geschicktesten ebenfalls großen Einfluss aus. Die übrigen Stadtbewohner waren ein bunt gemischtes Völkchen: Rheinfischer und Bettler, Huren und Aussätzige, Bauern, die auf dem Markt ihre Erträge feilboten, Totengräber und Quacksalber, Bader und Chirurgen. Und sie alle verdienten an dem Pilgerstrom, der sich in die Stadt ergoss.

Auch der Klerus war allgegenwärtig. Viele Geistliche lebten hier. Orden und Stifte fanden sich überall im Stadtgebiet, manche reich, andere eher arm oder bewusst schlicht gehalten wie die Franziskaner. Seit 1221 lebte auch ein Bettelorden in Köln: die Minoriten. 

Köln gehörte zu den größten und wirtschaftlich bedeutendsten Städten Europas und blieb innerhalb des Reiches relativ frei und unbehelligt. Das antike Erbe war inzwischen größtenteils vergessen und überbaut worden – und mit ihm auch ein Teil der zivilisatorischen Annehmlichkeiten der Römer: Die reiche Stadt besaß jetzt nur wenige gepflasterte Straßen, eine ungenügende Wasserversorgung und so gut wie keine Kanalisation. Und das obwohl allein der Erzbischof jährlich ca. zwölf Tonnen Silber an Steuern, Abgaben und Erträgen aus eigenen Gütern einnahm.

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