Unakademisch und frei: die Künstlerin Julja Schneider
Die Kölner Künstlerin über Träume, ihre Uni-Allergie und das Künstler-Leben in der Domstadt
„Ich bin bestimmt nicht auf den Mund gefallen“, sagt die Kölner Künstlerin Julja Schneider über sich selbst. Aber dass die Frau mit den flotten Sprüchen auch sehr sensibel ist, kann der aufmerksame Betrachter ihrer Kunst entnehmen. Hinter den Bildern mit den frechen Worten steht eine Frau, die gerne das tut was ihr gefällt und die ihre Träume ernst nimmt.
Wenn Julja Schneider schlafen geht, liegt immer ein kleiner Notizblock neben ihrem Bett. Alle ihre Träume merkt sie sich und schreibt sie auf, denn sie sind eine wichtige Inspirationsquelle für die Kölner Künstlerin. Für sie sind Träume wie ein Wegweiser durch das Unterbewusste: Sie sind sowohl prophetisch als auch ein Ratgeber für das Leben. So hat Julja Schneider einmal von einer Freundin geträumt, mit der sie sich nicht mehr gut verstanden hatte: „Wir standen an einer Weggabelung. Sie hat den einen Weg genommen und ich den anderen. Da wusste ich, dass sich unsere Wege auch im wahren Leben trennen werden.“ Es sind aber nicht nur Träume, die der Künstlerin neue Ideen liefern. Auch Musik, Sprache und viele kleine skurrile Erlebnisse aus dem Alltag finden Einzug in ihre Kunst.
Systemkritische Autodidaktin
Julja Schneider findet ihr Leben selbst „völlig unspektakulär“. Geboren in Köln, ist sie in einem bürgerlichen Umfeld aufgewachsen. Schon als Kind entdeckte die heute 42-Jährige ihr Interesse für Kunst. Im Haus ihrer Eltern hing ein Bild von Joseph Beuys, berichtet sie. ‚Demokratie ist lustig’ stand darunter. Dieses Bild habe sie jedes Mal fasziniert, erinnert sich Julja Schneider. Trotzdem hat sie sich nach ihrem Abitur zunächst für ein Germanistik-Studium in Köln entschieden. „Für ein Kunststudium hatte ich nicht den Mut“, gibt sie zu. Schneider erzählt, dass sie auch mal an der Kunstakademie Düsseldorf aufgenommen wurde. Dort sei sie aber nie hingegangen. Während ihres Germanistik-Studiums habe sie sogar bald eine regelrechte „Uniallergie“ entwickelt, berichtet die Künstlerin. Nie konnte sie so recht begreifen, warum sie das lernen sollte, was alle anderen auch lernen mussten. Trotzdem sieht sich die Künstlerin nicht als Rebellin. „Ich bin einfach schöpferisch und brauche Freiraum, damit ich mich entfalten kann“, erklärt sie.
Keine Arbeit ohne Spaß
So suchte sie sich im Jahre 1997 ein eigenes Atelier. „Allein schon der Geruch der Farben hat mich fasziniert“, schwärmt die Künstlerin. Täglich verbringt sie dort vier bis fünf Stunden, nimmt Termine wahr oder plant Ausstellungen. Arbeit ist für sie wertvolle Zeit. Wenn sie im Atelier ist, wird Julja Schneider nie müde. Und sie liebt das was sie tut. Arbeit muss ihr Spaß machen. Julja Schneider meint, sie habe großes Glück: schließlich dürfe sie das machen, was ihr am meisten Freude bereitet. In einem Beruf, den man nur wegen des Geldes ausübt, sieht sie keinen Sinn. „Das bedeutet nicht, dass ich nicht auch auf Lohn in Form von Geld angewiesen bin, nur ist das Finanzielle nicht meine Antriebsfeder.“ In der Wahl der Technik hat die Kölnerin keine Favoriten. Ob Malerei, Zeichnung oder Objekte – sie macht alles gleich gerne.
Unakademischer Arbeitsansatz
Als Autodidaktin arbeitet die Künstlerin unakademisch und frei. Julja Schneider arbeitet, wie es ihr in den Sinn kommt. Sie malt ein Bild, übermalt es wieder, fügt noch etwas hinzu und übermalt es erneut. Sie arbeitet so lange daran, bis es nichts mehr zu malen gibt. „Das ist dann, wenn ich morgens ins Atelier komme und das Bild als komplett ansehe“, sagt die Kölnerin. Erfahrungen sammelt sie vor allem beim Austausch mit Kollegen. Durch Diskussionen und Feedback von ihnen hat sie gelernt, ihre Werke kritisch zu betrachten und zu hinterfragen. Zurzeit malt sie zum Beispiel Pandas. Das sei eine momentane Phase, meint sie. Wenn Leute ihre Kunst nicht mögen, akzeptiert sie das. „Mir ist selbst auch klar, dass ich nicht bis ans Ende meiner Tage Pandas malen werde“, fügt Schneider schmunzelnd hinzu.
Vielseitig interessiert
Julja Schneider ist aber nicht nur als bildende Künstlerin tätig – sie beherrscht auch die Kunst der Worte. „Ich bin ein textaffiner Mensch“, sagt sie über sich selber. So sind nicht nur auf ihren Bildern immer auch einzelne Worte oder ganze Sätze zu finden. Sie verfasst auch Werbetexte, schreibt regelmäßig eine Internetkolumne und kümmert sich um die Vermarktung ihres Buches „Druckerzeugnis“. Als Ausgleich zu ihrer Arbeit geht Schneider gerne joggen. Auch für ihr Bandprojekt „Ungemähter Rasen“ engagiert sich die Künstlerin: sie schreibt die Liedtexte und komponiert die Melodien dazu.
Große Pläne für die Zukunft
Julja Schneider ist froh, heute in Köln leben und arbeiten zu können: „Köln ist kreativ und frei. Ich bin gerne hier. Es ist ein super Ort, um Künstlerin zu sein“, sagt die Ehrenfelderin. Sie kennt viele junge Leute, die risikobereit sind und sich auch mal was trauen. In Zukunft möchte sich Schneider gerne weiter als Künstlerin etablieren. „Ich male und schreibe einfach so lange, bis ich keinen Stift mehr festhalten kann“, sagt sie. Außerdem könnte sie es sich vorstellen, auch mal einen Roman zu schreiben. Für die nächste Zeit plant die Künstlerin eine Ausstellung in Shanghai und ein Projekt mit Bildern und Texten zum Thema Traum. Man kann also sicher sein, dass der Block neben Julja Schneiders Bett schon bald wieder mit neuen Traumgeschichten gefüllt sein wird.
Weitere Informationen zu Julja Schneider, ihrer Kunst und ihren Projekten gibt es auf ihrer Website www.schneiderskunst.de.
Text: Sarah Walter
Fotos: Ute Hayit

Buch: Druckerzeugnis
Mit ihrem Buch „Druckerzeugnis“ hat Julja Schneider den ersten Katalog ihrer Werke herausgebracht. In mühevoller Arbeit hat sie ihre Bilder sortiert, fotografiert und eine druckfertige Auswahl zusammengestellt. Auf 172 Seiten befinden sich nun zwölf Jahre ihrer Kunst, thematisch geordnet. Dazu gehören unter anderem Fotos von Objekten, Malereien, Papierarbeiten, Schriften und Gedichten. Ein Vorwort von Julja Schneider und ein Essay von Dominik Mülhaupt – beide auch in englischer Übersetzung – ergänzen die Ausgabe.
Das Buch gibt es: hier.