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Koeln-Poll: rechtsrheinischer Vorort mit Fischer-Tradition

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Köln-Poll: Wo der Papst die Milchmädchen trifft

Das Leben in Poll ist geprägt von traditioneller Wirtschaft und Erholung am Rheinufer

Wo der Rhein sich einst einen neuen Weg bahnen wollte, lebten die Menschen von Milch und Fischen. Die Attraktivität der Poller Wiesen erlebte sogar schon der katholische Stellvertreter Gottes.

An einem Donnerstagnachmittag im August 2005 lernte Benedikt XVI. das Naherholungsgebiet am Ufer des Rheins kennen. Anlässlich der Feierlichkeiten zum Weltjugendtag jubelten Tausende junger Menschen dem deutschen Papst zu, als er auf einem Schiff an ihnen vorbei fuhr. Die ganze Welt blickte auf den Kölner Stadtteil Poll. Doch eigentlich geht es hier eher ruhig und traditionell zu.

Polder und Maifisch
Ohne Fischer gäbe es Poll gar nicht. Der heutige Stadtteil erhielt seinen Namen von Fischern aus den Niederlanden, die das angeschwemmte Land in ihrer Sprache als „Polder“ bezeichnen. Vertreter dieses Gewerbes sorgten auch für die erste urkundliche Erwähnung in den Steuerbüchern des Benediktinerklosters. Im Jahre 1003 pachteten sie die Nutzungsrechte am Rhein zwischen Poll und der Deutzer Kirche. Ihr bekanntestes Erzeugnis war der heute in seinem Bestand stark gefährdete Maifisch. Die Heringe wurden alljährlich im Frühjahr gefangen, wenn sie den Rhein hinauf zu ihren Laichplätzen schwammen. Zusätzlich fischten die Kölner große Mengen an Salm aus dem Fluss. An diesen Fisch erinnert heute noch die Salmstraße.

Die Poller Milchmädchen
Am Ufer tummelten sich damals nicht nur die Angler. Auf den fruchtbaren Böden betrieben die Poller auch Viehzucht. Somit war die Milch das zweite landwirtschaftliche Produkt, von dem die Menschen lebten. Viele junge Frauen transportierten die Waren mit Eseln in die benachbarte Stadt. Die Tradition der Milchmädchen ist im Bewusstsein der heutigen Bewohner so tief verwurzelt, dass sie eine ganze Siedlung nach ihnen benannten. Mittendrin: der Efeuplatz. Dort steht ein Denkmal, das an die engagierten Mädchen erinnert. Auch die Straßennamen in dem Wohngebiet haben einen Bezug zur Vergangenheit. Die Straße „Zum Milchmädchen“ findet man hier ebenso wie „Zum Milchesel“, „Im Butterfass“ oder „In der Kanne“. Das Projekt entstand in den 1950er Jahren auf Initiative des Pastors Paul Milde, der dafür mit einem weiteren Straßenschild gewürdigt wurde.

 

Wenn der Rhein über die Ufer tritt
Vater Rhein blieb nämlich nicht immer in seinem Bett, wo ihn der Sänger Kurt Adolf Thelen so gern sah. Der mächtige Fluss drohte an den heutigen Poller Wiesen durchzubrechen. In diesem Fall hätte sich der Verlauf des Stroms nach Osten verlagert. Um die Gefahr zu verringern, begann man um 1200 mit der Errichtung von Dämmen. Die ersten „Poller Köpfe“ hielten dem Druck der Fluten noch nicht stand. Deshalb übernahm die Stadt Köln rund zweihundert Jahre später die Führung und verstärkte die Schutzvorrichtungen. Diese Maßnahme zähmte nicht nur die Naturgewalten. Für die Stadt Köln war sie auch für die Erhaltung des Status als Binnenhafen wichtig.

Aufschwung nach der Vereinigung mit Rolshoven
Die Milchmädchensiedlung befindet sich auf dem Gebiet des ehemaligen Dorfes Rolshoven. Das bekannteste Gebäude aus dieser Zeit ist der Rolshover Hof. Die Anlage mit dem Herrenhaus und den Lagerräumen unterstand der Kirche St. Pantaleon. Ein Maier bezahlte Pacht an den Abt und lieferte ihm außerdem den berühmten Poller Maifisch. Am 1. April 1888 wurden Poll und Rolshoven als gemeinsamer Stadtteil nach Köln eingemeindet. Dieser Schritt hatte über die Verwaltung hinaus positive Auswirkungen für Poll. Die Infrastruktur wurde durch den Anschluss an das Straßenbahnnetz und alle wichtigen Versorgungsleitungen enorm verbessert. Weniger Anklang in der Bevölkerung fand eine andere Entscheidung der Politiker: 1974 wurde die ehemals eigenständige Stadt Porz in in den Bereich Köln integriert. Den Kölner Stadtteil Poll unterstellte man diesem neuen Bezirk, obwohl sich die Poller Bürger eher mit der Innenstadt und Deutz verbunden fühlten.

Trotz Modernisierung traditionelle Strukturen
Die Infrastruktur und die gute Verkehrsanbindung lockten die Industrie nach Poll. Alfred Schütte errichtete 1910 eine Fabrik für Schleifmaschinen und Drehautomaten. Nach dem Gründer des Familienunternehmens ist eine Allee benannt, die zwischen der Severinsbrücke und der A4 entlang des Rheinufers verläuft. Das Großhandelsunternehmen Handelshof hat seine größte und zweitälteste Filiale seit 1961 im Industriegebiet an der Rolshover Straße. Wer hingegen für den täglichen Bedarf einkaufen will, tut dies oft in den Läden rund um den Marktplatz an der Kreuzung Siegburger Straße / Salmstraße. Zwischen der Industrie, den Kleingärten und dem Deutzer Friedhof findet sich eines der höchsten Gebäude von Poll: die Zentrale des TÜV Rheinland. Das Hochhaus überragt sogar den Fernmeldeturm Pollonius. Trotz aller Modernisierung sind die traditionellen Strukturen bis heute erhalten geblieben. Wer durch Poll flaniert, kann in den schmalen, verwinkelten Straßen noch viele kleine Häuser aus früheren Zeiten entdecken. Gerade an den Wochenenden laden die Poller Wiesen zu ausgedehnten Spaziergängen am Rheinufer ein. Insbesondere der nördliche Bereich zwischen Severins- und Südbrücke bietet viele Möglichkeiten, sich vom Alltag zu erholen. Vielleicht spürt man dabei noch die göttliche Aura von Benedikt XVI.

Zwei Kirchen, eine Gemeinde
Für den geistlichen Beistand sorgen heute der Diakon und die Pfarrer von St. Joseph und Heilige Dreifaltigkeit. Zu Beginn des Jahres 2006, also wenige Monate nach dem Besuch des Pontifex, wurden die beiden katholischen Gemeinden zusammengelegt. Die Kirche St. Joseph wurde 1864 eingeweiht. Baumeister Heinrich Nagelschmidt hatte seine Ausbildung am Kölner Dom erhalten. Das benachbarte Gotteshaus der Heiligen Dreifaltigkeit ist mit seinem quadratischen Grundriss deutlich moderner. Es entstand nach Anfang der 1950er Jahre auf dem Fundament des im Zweiten Weltkrieg abgebrannten Bauwerks. 1968 ersetzte man den Kirchturm durch einen freistehenden Glockenturm. Doch schon viele Jahrhunderte vorher mussten die Menschen in Poll für den Erhalt ihres Ortes beten.

Text: Markus Schnitzler

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