4711 Kölnisch Wasser – the fresher you are
4711 gab es einst sogar zu trinken
Erinnern Sie sich? Dieses blaugolden etikettierte Fläschchen auf dem Toilettentisch im Bad neben der Seifenschale und den Lockenwicklern? Und die handlich kleine Variante im Autofach, falls es ihr während der Italienreise mal schummrig wurde?
Ein Parfumklassiker ist 4711, das wahrscheinlich bekannteste Damen- Duftwasser der Welt. Es nennt sich auch „Eau de Cologne“ oder auf Kölsch Ottekolong. Merkwürdige Namen, so französisch eingefärbt und kurios beziffert. Darauf kommen wir noch, doch zunächst einmal zum Image.
Die linke Berliner Tageszeitung „taz“ fragte unlängst ihre Leser: „Brauchen wir eigentlich heute noch Echt Kölnisch Wasser?“ Die Antworten trafen verblüffend zahlreich in der Redaktion ein. So auch die von Britta aus Bielefeld: „ Ich habe mir einen ordentlichen Schuss 4711 aufgelegt. Mein Mann sagte irgendwann: komisch, Du riechst wie meine Mutter“. Und Anne aus Berlin prognostizierte bösartig: „Kölnisch Wasser wird mit den jetzigen Omas aussterben.“
Nö, Anne, wird es nicht. Denn die Herstellerfirma „Muehlens GmbH“ betreibt massive Imagepflege für 4711. Es wird von Cosmopolitan Cosmetics weltweit verkauft, gemeinsam mit klingenden Namen wie Gucci, Dunhill, Naomi Campbell und Marc o’ Polo. Dabei hat sich die kölnische Duftnote ganz bewusst nie verändert. Dem Zeitgeruch passen sich offenbar viele an, nur nicht Echt Kölnisch Wasser, das unverwechselbare Souvenir der Köln-Touristen.
Eau de Cologne ist über 200 Jahre alt, sein Geburtsdatum der 8. Oktober 1792. Da offenbarte ein Mönch die Geheimrezeptur einem Kölner Kaufmann. Mit Folgen, die bald die Sinne betören sollten. Das Pikante daran: Seinerzeit machte sich das Produkt nicht als Parfum, sondern als Medikament einen Namen: Die Beipackzettel des 18. Jahrhunderts sprachen von „durchtringenden Würkungen“ gegen Herzbeschwerden und Kopfschmerzen, wenn man nur ein paar Tropfen einatmete oder ins Wasser- oder Weinglas (!) kippte. Will heißen: 4711 wurde früher getrunken!
Der Duft der Französinnen
Napoleon Bonaparte ist Schuld, dass sich aus der Medizin ein reines Riechprodukt entwickelte. Denn der gebürtige Korse ordnete an, dass alle Arzneimittel, auch die in den besetzten Gebieten, ihre Rezeptur offen legen mussten. Der Mann wollte Transparenz im Gesundheitswesen.
Den Besitzern unserer Marke gefiel das gar nicht, denn ihnen drohte damit das Aus. Sie sahen sich ohnehin von Nachahmern umgeben, die mit nichts anderem beschäftigt waren als gleichartige Produkte auf den Markt zu bringen.
Wir konnte man die Marke retten, ohne das Geheimnis seines Inhalts zu lüften? Die Lösung lag im Geruch. Die Medizin roch gut, wenn man davon ein paar Tropfen auf die Haut träufelte. Also beließ die Firma den geheimen Inhalt wie er war und änderte lediglich den Verwendungszweck. Aus dem Medikament wurde ein Duftwasser.
Die dufte Produktionsstätte hieß nun äußerst ausführlich „ Eau de Cologne 6 Parfümerie-Fabrik No. 4711 gegenüber der Pferdepost von Ferdinand Mühlens“. Und da man dort gegenüber der Pferdepost nun kein Arzneimittel mehr produzierte, tolerierten Napoleons Beamte die Geheimniskrämerei. Bis heute sind lediglich die Hauptbestandteile bekannt: Ätherische Öle von Zitrusfrüchten, reiner Alkohol, Rosmarin und Lavendel.
Ein Duft übrigens, den die französischen Soldaten flaschenweise für ihre Frauen kauften, auf das selbige nicht verdufteten. Mesdames aus Paris, Bordeaux und Lyon waren enchantées, höchst entzückt. Sie liebten das Wasser Kölns, dieses „Eau de Cologne“.
Von den Franzosen stammt auch die Nummer. Die Besetzer ließen zur besseren Kontrolle Kölns Häuser durchnummerieren. In der Glockengasse trafen sie auf das Parfumhaus und gaben ihm, weil das Haus davor die Nummer 4710 und das dahinter die Nummer 4712 hatte, eben die Nummer 4711.
4711 ist also der reinste bürokratische Zufall, doch die Zahl bleibt eine gute Werbung. Eine, die anhält, während die Sprüche mit den Jahren verfliegen. 1930 hieß es noch: „Immer frühlingsfrisch mit 4711“. Heute klingt das so: „the fresher you are, the better you feel“!
Der berühmteste und vielleicht altmodischste aller Sätze aber stammt aus dem Jahr 1961: “Schenke von Herzen, doch was es auch sei: 4711 ist immer dabei”. Kultig, oder?
Tobias Büscher