Noble Villen rund um die Marienburg
Berlin hat Grunewald und München Grünwald. In Köln heißt das Villenviertel Marienburg. Neben Hahnwald ist es der teuerste Stadtteil von Köln.
Klaus Zumwinkel hatte sehr viel Geld. So viel, dass er seine Reichtümer nicht allein in Deutschland unterbringen konnte und nach Liechtenstein brachte. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Post erhielt deshalb im Februar 2008 Besuch von der Polizei. Die Ermittlung wegen Steuerhinterziehung führte die Beamten auch nach Marienburg.
Reiche Prominenz
Durch die Razzia kam der noble Stadtteil bundesweit in die Schlagzeilen. Die anderen Bewohner verfügen zwar nicht über eine solche kriminelle Energie, aber finanziell haben sie ebenfalls keine Sorgen. Hier wohnt nicht der durchschnittliche Vertreter der Mittelschicht, sondern der Besserverdiener. Zu den Prominenten, die sich hier angesiedelt haben, zählen der Moderator Harald Schmidt, die Literatur-Expertin Elke Heidenreich und der ehemalige RTL-Geschäftsführer Gerhard Zeiler. Da Chefs gewöhnlich über ein reichlich gefülltes Bankkonto verfügen, leb(t)en auch viele Unternehmer in Marienburg. Bekannte Namen sind beispielsweise der Verlagsinhaber Reinhold Neven DuMont und Hans Gerling vom gleichnamigen Versicherungskonzern. Sogar die US-Sängerin Tina Turner verbrachte einen Teil ihres Lebens am Rhein. Einige Villen beherbergen auch offizielle Einrichtungen wie das Generalkonsulat Polens.
Erholung und Gebet
Wenn den reichen Einwohnern der Luxus in ihren Villen nicht reicht, können sie sich in den angrenzenden Grünanlagen erholen. Die Bäume in den Parks und an den Alleen sind zum großen Teil ungefähr so alt wie die Häuser.
Möglichkeiten zum Entspannen bietet auch das Rheinufer, von dem man über den Fluss zu den Poller Wiesen hinüber blicken kann. Im Südpark können Kunstliebhaber die Plastik eines Panthers bewundern, die um 1920 von dem Bildhauer Fritz Behn geschaffen wurde. Am nördlichen Rand des Parks erhebt sich die katholische Kirche St. Maria Königin. Das Gotteshaus, das ebenso wie der Stadtteil den Namen der Mutter Jesu trägt, ist ein Gemeinschaftswerk der Familie Böhm. Die quadratisch angelegte Kirche entstand nach Plänen des Vaters Dominikus 1952 bis 1954. Den Turm fügte 1960 sein Sohn Gottfried hinzu.
Am anderen Ende der Goethestraße stehen die evangelische Reformationskirche, die bereits 1902 von dem Berliner Architekten Otto March errichtet wurde, und das Martin-Luther-Haus. Nach dem Zweiten Weltkrieg baute man sogar ein anglikanisches Gotteshaus: In der Allerheiligenkirche beteten die Mitglieder der britischen Besatzungstruppen.
Auf den Spuren der Preußen und Römer
Militärische Spuren findet man außerdem im Grüngürtel zwischen der Konrad-Adenauer-Straße und dem Heinrich-Lübke-Ufer. Das Zwischenwerk VIII B gehört zu einer ehemaligen preußischen Festungsanlage. Die Zugbrücke und einige andere Teile blieben erhalten, als der Schutzwall nach dem Versailler Vertrag von 1926 geschleift wurde. Seit 2004 veranstaltet das Kölner Festungsmuseum Führungen durch die Anlage. Viel früher waren die Römer in Marienburg. Im ersten Jahrhundert nach Christus betrieben sie südlich des damaligen Colonia ein Flottenkastell, das als Lager für ihre Truppen diente. An gleicher Stelle entstand Ende des 18. Jahrhunderts die Altenburger Mühle, die heute noch erhalten ist. Der fünf Hektar große Garten im englischen Stil lieferte schon erste Hinweise auf das zukünftige Erscheinungsbild des Viertels.
Ein Villenviertel entsteht
Ebenso große wie teure Villen prägen heute das Bild von Marienburg. Den Aufstieg verdankt der Stadtteil dem erfinderischen Spediteur Ernst Leybold, dem Gründer der nach ihm benannten Firma. Auf seine Initiative entstanden Mitte des 19. Jahrhunderts die ersten exquisiten Landhäuser. Der Gutshof Marienburg in der Nähe des Rheinufers gab dem Stadtteil seinen Namen. Das Anwesen wird um 1840 erstmals erwähnt und war von weitläufigem Grundbesitz umgeben. Anfang der 1870er Jahre kamen Gebäude der Rheinischen Aktienbrauerei und ein Wasserwerk hinzu. 1891, drei Jahre nach der Eingemeindung in Köln, löste die Gründung der „Kölnischen Immobiliengesellschaft“ einen Boom aus. Mit der Aktiengesellschaft und einer Zonenbauordnung der Stadt Köln kam es zu einer regen Bautätigkeit im stetig wachsenden Villenviertel. Bis zum Ersten Weltkrieg nahmen sich die maßgeblichen Architekten Paul Pott und Otto March die englischen Landhäuser zum Vorbild. Nach dem Krieg sank die Zahl der Neubauten, aber die wenigen Großvillen brachten den Architekten aufgrund ihrer hohen Qualität Ruhm und Ehre.
Markus Schnitzler
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