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Kölner Kabarettist Wilfried Schmickler: Laute Stimme, leise Töne

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Laute Stimme – leise Töne

Der Kabarettist Wilfried Schmickler über Köln, die Kölner und seine Arbeit auf der Bühne

Fernsehzuschauer lieben ihn als Rausschmeißer bei den WDR Mitternachtsspitzen. Doch wer ihn einmal auf der Bühne erlebt hat, lernt auch die leiseren aber nicht minder eindringlichen Töne bei Wilfried Schmickler kennen. Der Kabarettist, der für seine Redegewandtheit und klare Ansage bekannt ist, lebt heute in der Kölner Südstadt. Und kann sich an den „normalen“ Kölnern noch so richtig erfreuen 

„Du häs ene Mörderfresse“, hat ihm einmal auf der Straße ein älterer Herr nachgerufen und damit auf seine lautstarke Wortgewandtheit angespielt. Zuvor hatte sich der distinguierte Kölner höflichst bei Wilfried Schmickler für seine tolle Arbeit bedankt. „So etwas passiert einem nur in Köln“, sagt Wilfried Schmickler und kann sich noch heute über dieses kölsche Kompliment köstlich amüsieren. „Weil die Menschen in Köln so normal sind. Nicht abgehoben – einfach nur normal im Umgang miteinander.“  Und das ist auch der Grund, warum Wilfried Schmickler heute gern in der Domstadt lebt.

Der Mann mit der lauten Stimme

Aber FC-Fan ist er trotzdem nicht, dann schon eher Anhänger seines Heimatvereins Bayer Leverkusen. Und er hat so richtig seine Freude daran, wenn er diese uralte Rivalität der beiden Clubs ein wenig anheizen kann. Mitglied ist er jedoch lieber bei Fortuna Köln geworden; der größte Jugendverein Deutschlands ist für seine vorbildliche Jugendarbeit bekannt. Denn das liegt Wilfried Schmickler sehr am Herzen. Der Mann mit der lauten Stimme, der – wenn nicht gerade ein Lachen sein Gesicht erhellt – auch ein wenig düster daherkommt, engagiert sich gern für Kinder und Jugendliche. In seiner knapp bemessenen Freizeit arbeitet er zum Beispiel zusammen mit mehreren Kollegen ehrenamtlich an einer Köln-Ehrenfelder Hauptschule, um gemeinsam mit den Schülern ein bühnenreifes Programm auf die Beine zu stellen.

„Nix gibt es nie“
Ansonsten spielt Freizeit bei Wilfried Schmickler kaum eine Rolle, denn „nix gibt es nie!“. Immer ist etwas zu tun: sein aktuelles Programm zu überarbeiten, ein neues Programm vorzubereiten oder die Schlussreden für seine Auftritte bei den „Mitternachtsspitzen“ im WDR vorzubereiten, für die er beim Fernsehzuschauer seit 1991 bekannt ist. Die Sendung, die von Jürgen Becker moderiert und acht Mal im Jahr aufgezeichnet wird, hat ihn – auch über Köln hinaus – bekannt gemacht. Und ermöglicht ihm heute, mitsamt seinem Bühnenprogramm und einer festen Kolumne beim Radio die wirtschaftliche Unabhängigkeit. Das war nicht immer so: lange Jahre hat sich Wilfried Schmickler als LKW-Fahrer das Geld verdient, das er zum Leben brauchte. Erst seit ein paar Jahren kann er es sich leisten, hauptberuflich und ohne Nebenjob seiner Arbeit als Kabarettist nachgehen zu können.
 

Wenn der Funke überspringt

Wenn man Wilfried Schmickler fragt, was er am liebsten macht, TV oder Live-Auftritte auf der Bühne, dann erhält man eine klare Antwort: „auf der Bühne stehen“. Auch wenn seine Fernsehauftritte, die als Erstausstrahlung 500.000 Menschen in Köln und 1,3 Millionen Zuschauer bundesweit erreichen, seine Arbeit in gefüllten Sälen erleichtert, so ist es für ihn doch immer wieder eine neue Herausforderung, sich um die Gunst des Publikums zu bemühen. Er möchte die Menschen gut unterhalten und begeistern. Sein Hauptanliegen ist es, „den Zuschauern einen schönen Abend zu bescheren, für die sie ja schließlich – und das nicht zu knapp – Geld bezahlt haben“. Er sieht sich als Dienstleister, der sich den Respekt seiner Zuschauer immer wieder erkämpfen muss. Deshalb ist es für ihn auch jedes Mal auf der Bühne spannend, und unter Lampenfieber leidet Wilfried Schmickler deshalb noch vor jeder Aufführung. Obwohl er sich seines Programms und seiner Pointen sicher ist. Er weiß wie er sein Publikum ansprechen muss. Aber ob der Funke überspringt, das bleibt dann immer noch die große Unbekannte, die auch einen alten Hasen wie ihn noch in Aufregung und Anspannung versetzen kann.

Den Blick auf die Probleme dieser Welt schärfen
Natürlich möchte Wilfried Schmickler auch Botschaften transportieren. Und „die Welt ein wenig gerechter machen“. Aber er ist schon hochzufrieden, wenn es ihm – vielleicht – gelingt, „den Blick der Zuschauer auf die Probleme dieser Welt ein wenig zu schärfen“. Und daher sind es auch eher Themen wie soziale Missstände, mit denen er sich gern beschäftigt. Weniger mit Personen. Auch wenn der eine oder andere Politiker in seinem Programm sein Fett wegbekommt, und auch die katholische Kirche immer gern aufs Korn genommen wird. Aber irgendwelche Promis mit Häme überziehen, nur damit er die Lacher schnell auf seiner Seite hat, das ist nicht sein Ding. Er möchte sein Publikum, das überwiegend in der Generation 40 plus angesiegelt ist, gut unterhalten und auch erfreuen. Mehr nicht. Die Zeiten als man in seinen Zuschauerreihen überwiegend Linksintellektuelle vermutete, sind vorbei. Heute bezeichnet der 53-Jährige sein Publikum als „normale Leute“. Politisch interessiert zwar und aufgeschlossen, und alle auch mit einem ähnlichen Humor ausgestattet. Und schon ein wenig älter, seine Altersgruppe halt.

 

Wilfried Schmickler mag die Kölner: „Weil die so normal sind. Nicht abgehoben – einfach nur normal im Umgang miteinander.“

 

 

Die Wut ist noch vorhanden

Wer Wilfried Schmickler aus den „Mitternachtsspitzen“ kennt, der könnte ein wenig Angst bekommen. So polternd und cholerisch kommt er daher, mit grimmiger Miene und seiner wortgewaltigen Schlussrede, mit der seit dem Start der Sendung dem Moderator Jürgen Becker – Aufhören Herr Becker, aufhören! – programmgemäß ins Wort fällt. Ein Choleriker, das war er einmal. Diesen Wesenszug hat er – wie er meint – längst abgelegt. Aber seine Wut ist noch vorhanden. Vor allem Dummheit und die „ganze Familie von Dummheit“ gehen ihm gehörig auf die Nerven. Und das betrifft vor allem diejenigen, die es zu verantworten haben, dass Menschen verblöden. Auf der Bühne kommt er leiser daher, wenn auch nicht weniger eindringlich. Und sehr professionell. Denn das Reden war immer seine Stärke. So ist er auch immer akribisch gut vorbereitet, und seine Texte hätte er auch parat, wenn man ihn mitten in der Nacht aufweckte. Die verfasst er übrigens ausschließlich selbst. Nur bei den Liedern, mit denen er sein Programm abwechslungsreich gestaltet, benötigt er Hilfe. Die Liedtexte schreibt er zwar alleine, aber die Töne sind nicht so seine Sache. Dafür singt er gern. Und das gar nicht mal so schlecht. Obwohl er weiß, wo seine Grenzen sind. Grenzen kennt er auch, wenn es um den Humor geht. Da gibt es, so Wilfried Schmickler, eine Gürtellinie, und die sollte man nicht unterschreiten. Sein Anliegen ist es, den Menschen mit Respekt zu begegnen – und nicht sie zu verletzen.

Joggen ist eher peinlich

Wilfried Schmickler ist viel unterwegs. Zeit für Privatleben bleibt kaum. Sehr zum Leidwesen seiner Frau, der Kölner Fotografin Ilona Klimek. Aber wenn er sich doch mal loseisen kann, unternimmt er gern Städtereisen nach Venedig, Rom oder London. Um den Kopf frei zu bekommen. Oder er lässt sich regelmäßig in Holland die frische Luft um die Nase wehen.
Auch Sport und Fitness spielen in seinem Leben durchaus eine Rolle. Wenn auch nicht immer ganz freiwillig. Denn für die anstrengenden Aufführungen muss der Kabarettist, der die 50er-Grenze bereits überschritten hat, fit sein. Dabei zieht er jedoch die körperliche Ertüchtigung in geschlossenen Räumen vor. Joggen durch den Volksgarten, so wie er es früher mal gemacht hat, ist ihm heute eher etwas peinlich. Auch auf Ernährung legt Wilfried Schmickler großen Wert. Dabei ist er froh, dass er es sich leisten kann, gesunde Nahrungsmittel kaufen zu können. Keine Selbstverständlichkeit für ihn, der sich bewusst ist, dass dies jeder gern täte, wenn er es sich nur leisten könnte.

Heute wohnt Wilfried Schmickler, der gebürtige Hitdorfer, in Köln: „Ich komme aus einem Dorf und lebe heute wieder in einem Dorf“, freut er sich. Für ihn ist Köln eine Aneinanderreihung von Dörfern wie Nippes, Ehrenfeld und … die Südstadt. Wo die Menschen noch so normal sind. Und wo er zu Hause ist.

Ute Hayit

 

Den Blick auf die Probleme dieser Welt schärfen

Wortgewaltig und redegewandt spricht der Kölner Kabarettist auch in unserem Podcast-Interview. Hier erfahren Sie Interessantes über seine Arbeit und die Motivation politisches Kabarett zu machen, sein eingeschränktes Privatleben und seinen Freizeitausgleich. 

Podcast mit Wilfried Schmickler:

Weitere Informationen

Weitere Informationen zu Wilfried Schmickler sowie seine aktuellen Tourdaten  finden Sie auf Wilfried Schmicklers Website.

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Podcast: Interessantes Audio-Interview Wilfried Schmickler


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